| Das indische Kino hat sich schon seit Jahrzehnten auch im Westen einen Namen gemacht. Zunächst zwar nur in Form von ausufernden und super-kitschigen Bollywood-Romanzen vom Kaliber eines "In guten wie in schweren Tagen", doch es dauerte nicht lange bis auch erste Action-Kracher aus Indien hierzulande auf Disc oder im Streaming veröffentlicht wurden. Einige Beiträge kombinierten dabei atemberaubende Action mit den bekannten Gesangseinlagen - man denke nur an den grossartigen Netflix-Film "RRR". Doch in den vergangenen Jahren machten auch immer mehr Filme mit dem Prädikat "besonders blutig" von sich reden, so zum Beispiel "Kill" von Nikhil Nagesh Bhat. Und jetzt kommt "Marco"!!
Das Werk von Regisseur Haneef Adeni wurde schon in einigen Internet-Foren und auf Festivals gefeiert und gilt vielerorts als tabubrechend und schockierend. Und ja, diese Attribute kann man dem Action-Fest aus Indien definitiv zusprechen - muss aber auch den Kritik-Hammer auspacken. Denn abseits dieses Gewitters aus Blut und abgetrennten Gliedmassen, ist "Marco" eine recht dünne Angelegenheit. Die einfache Rache-Geschichte wird auf eine absurde Laufzeit von 140 Minuten aufgeblasen und findet sich so recht häufig in allerlei Familienrunden, die die Beziehung aller Beteiligten zueinander beschreiben, wieder. Das ist zum Start mal ganz nett, aber irgendwann hat man es auch kapiert, dass Marco seinen Victor über alles geliebt hat und die beiden gerne mal zusammen eine dicke Zigarre geraucht haben.
Abseits davon ist "Marco" vermutlich einer der männlichsten Filme des Jahrhunderts und treibt dies aber in solch alberne Höhen, dass man nicht mehr weiss, ob dies grad ernst gemeint oder Satire ist. Wie sagt es Marcos Freundin mal so schön: "Du bist toxisch und definitiv eine Red Flag!" Und genau so wirkt der Film zu einem Grossteil seiner Laufzeit. Männer, die vor Testosteron kaum noch laufen können, müssen dicke SUVs von deutschen und britischen Edel-Marken fahren und paffen eine Zigarette oder Zigarre nach der anderen. Dazu tragen sie enge Klamotten und schöne Gel-Frisuren! Eine nette Anekdote aus der Welt der Review-Screener: die Fassung, die ich per Stream bekommen habe, enthält in den entsprechenden Szenen Warnungen vor Tabakkonsum. Wird gerade einem Beteiligten der Arm mit einer Kettensäge abgetrennt, bleibt der Hinweis vor dem richtigen Gebrauch einer solchen aber aus. Immerhin wird auch die Gewalt gegen Frauen und Kinder mit Warnhinweisen versehen und mit rechtlichen Konsequenzen gedroht.
Lässt man mal die männlichen Männer und deren Gehabe bei Seite und nimmt den Film als den einfachen Rache-Thriller, der er sein will, ist "Marco" schon ganz okay zu schauen. Es gibt ein paar nette One-Liner auf die Ohren, die Actionszenen sind - abgesehen vom hässlichen CGI-Blut - fetzig und das Finale toppt die absurde Gewalt der vorangegangenen 90 Minuten nochmal deutlich. Tanzszenen gibt es leider keine, aber hier und da doch ein paar schöne Songs, die die Gefühlswelt von Marco beschreiben. Das ist ganz ansprechend gemacht und lockert das blutige Spektakel auch etwas auf. Den Kult-Status, dem viele "Marco" zusprechen, kann ich aber definitiv nicht bestätigen. |